Das Rotwild/der Hirsch/das Kahlwild (Cervus elaphus)


Das Rotwild gehört zu den Echte Hirschen. Unter den Hirscharten zeichnet sich der Rothirsch durch ein besonders großes und weit verzweigtes Geweih aus. Das Geweih wir dabei in jedem Jahr neu gebildet. Das Geweih aus dem Vorjahr wird abgeworfen und ein meist größeres Geweih nachgeschoben. Der Farbton des Fells variiert im Laufe eines Jahres. In den Sommermonaten ist es rotbraun, in den Wintermonaten trägt das Rotwild ein braungraues Winterfell. Das Winterfell ist dichter und zerzauster. Das Haarkleid der jungen Kälber ist rotbraun mit weißen Flecken, die im Laufe des ersten Jahres verschwinden.

 

Im mitteleuropäischen Raum ist der Rothirsch eines der größten frei lebenden Wildtiere. Er kommt hier fast nur noch in Waldbiotopen vor. Ursprünglich handelt es sich beim Rothirsch jedoch um eine Tierart offener und halboffener Landschaften. Das Rotwild lebt als Herdentier immer in Gruppen, dem Rudel, zusammen. Dabei sind im Frühjahr und Sommer die Geschlechter in getrennten Rudeln unterwegs. Erst zur Brunft suchen die Hirsche das Kahlwild auf. Die so genannten Kahlwildrudel setzen sich in der Regel aus mehreren Mutterfamilien zusammen, die jeweils aus einem Alttier, einem Jährling und einem Kalb bestehen.

 

Kurz vor der Niederkunft mit dem diesjährigen Kalb sondern sich die Alttiere zwar vom Rudel ab und vertreiben dann auch die ihnen folgenden Jährlinge, in der Regel schließen sich insbesondere weibliche Jährlinge nach der Niederkunft wieder dem Alttier an. Bei männlichen Jährlingen endet die Mutterbindung meistens während des zweiten Lebensjahrs; sie schließen sich einem Hirschrudel an. Der Zeitpunkt, ab dem beim Kahlwild die Mutterbindung endet, ist weniger eindeutig. Die enge Bindung an das Muttertier endet beim Schmaltier wahrscheinlich zu dem Zeitpunkt, zu dem es selbst erstmals ein Kalb wirft. Häufig verbleiben die weiblichen Nachkommen aber im weiteren Einstandsrevier ihrer mütterlichen Verwandtschaftslinie und bleiben mitunter sogar im selben Rudel zusammen.

 

Verglichen mit dem Hirschrudel ist die Zusammensetzung eines Kahlwildrudels verhältnismäßig stabil. Kennzeichnend für Kahlwildrudel ist, dass sie einem Leittier folgen, das beim Ziehen die Richtung wählt und dem sich die anderen anschließen. Es handelt sich dabei um eine sogenannte passive Führerschaft, das heißt die Mehrzahl der Tiere folgt freiwillig den Handlungen eines Einzeltiers. Abgesehen vom eigenen Kalb ist es für dieses Einzeltier nicht maßgeblich, ob ihm die anderen Mitglieder des Rudels folgen. Die Leittierrolle fällt deshalb dem Alttier zu, das besonders aufmerksam und misstrauisch ist und am schnellsten auf Gefahren reagiert. Seine Warn- und Schreckrufe sind vom Fürsorgetrieb für das Kalb motiviert und richten sich nur an den eigenen Nachwuchs. Durch Stimmungsübertragung folgt der Rest des Rudels aber den Handlungen dieses Alttiers. Somit hat in der Regel das erfahrenste Alttier die Rolle des Leittieres.

 

Die männlichen Tiere schließen sich zu so genannten Hirschrudeln zusammen. Entsprechend dem Altersaufbau der Rothirschpopulation überwiegt in diesen Rudeln der Anteil junger bis mittelalter Hirsche. Hirsche, die über 10 Jahre alt sind, leben gelegentlich einzelgängerisch oder nur von einem weiteren, etwas jüngerem Hirsch begleitet.

 

Hirschrudel sind in ihrer Zusammensetzung instabiler als Kahlwildrudel. Mit Beginn der Brunft wandern in der Regel die Hirsche, die älter als fünf Jahre und damit fortpflanzungsfähig sind, zu den Brunftplätzen ab. Größere Hirschrudel, in denen auch die Brunfthirsche versammelt sind, bilden sich erst mit Winterbeginn erneut. In kämpferischen Auseinandersetzungen sowie durch Droh- und Imponierduelle wird die soziale Rangordnung innerhalb dieser Hirschrudel ermittelt. Obwohl damit eine ausgesprochene soziale Rangordnung besteht, gibt es keinen dem Leittier des Kahlwildrudels entsprechenden Rudelführer. Die soziale Rangordnung innerhalb eines Rudels kann sich bis zum nächsten Brunftbeginn mehrmals ändern.

 

Der Geweihabwurf, der bei den älteren Hirschen zuerst einsetzt, geht normalerweise mit einem Rangverlust für diese einher. Wenn auch die jüngeren Hirsche ihre Geweihe verloren haben, kommt es erneut zu Rangordnungskämpfen, die diesmal mit den Vorderläufen ausgekämpft werden. Dabei richten sich die Tiere auf den Hinterläufen auf. Während der Zeit, in der Hirsche ihr ausgewachsenes Geweih durch Fegen von der Basthaut befreien, kommt es meist erneut zu kämpferischen Auseinandersetzungen, bei denen diesmal die Geweihe eingesetzt werden.

 

Der Rothirsch ist ein reiner Pflanzenfresser. Außerdem gehört er wie die Kuh zu den Wiederkäuern. Das bedeutet, dass er nach dem Äsen eine Ruhephase benötigt um seine Nahrung ein weiteres mal zu kauen und zu verdauen. Im Vergleich zum Elch ist er ein sog. Graser, der in der Zusammensetzung seiner Nahrung wenig wählerisch ist.                                                                                                    Quelle: HessenForst 2020 und Kosmos Naturführer