Weit draußen im Meer, vor der Nordwestküste Afrikas, liegt der Archipel Madeira - zwei bewohnte Inseln, wie sie landschaftlich unterschiedlicher kaum sein könnten, bilden diese Inselgruppe. Madeira ist grün & in den hohen Lagen von dichtem Lorbeerwald überzogen - übersetzt bedeutet der Name "Holz" -, während das trockene Porto Santo mit seinem langen Strand die Wüste verkörpert. Unsere einwöchige Reise startete erneut gen Süden - unser Motto - Alles alles kann, Nichts muss! Die Koffer waren gepackt, die Zeit bis zum Boarding wurde durch chillen verdrödelt, so dass wir schnellen Schrittes & etwas außer Atmen gerade noch rechtzeitig unser Flugzeug erreichten. Na das fing ja gut an!
Mit Condor flogen wir Nonstop nach Madeira - der Chef der Flugbegleiter unterhielt die Fluggäste mit viel Esprit & Witz, so vergingen die knapp 4 Stunden im wahrsten Sinne des Wortes - "wie im Flug". Bei herrlichem Wetter erblickten wir die Insel & eine der anspruchsvollsten Landebahnen der Welt. Oh Gott - nichts für jemanden mit Flugangst! Der Flughafen Christiano Ronaldo liegt direkt neben der Steilküste am Meer. Diese Lage sorgt oft für unberechenbare Scherwinde. Kurz vor der Landung muss das Flugzeug zudem eine scharfe Kurve fliegen. Piloten, die auf Madeira landen wollen, müssen ein spezielles Training absolvieren. Berühmt ist der Flughafen übrigens auch als Meisterwerk der Ingenieurskunst. Denn die Verlängerung der Landebahn ist auf gigantischen Betonstützpfeiler gebaut worden. Mit einer Gesamtlänge von 120 Metern, liegen lediglich 59 Meter oberirdisch, der Rest ist im Meer verankert.
Sicher gelandet, übernahmen wir nach der Kofferübernahme unseren Mietwagen und fuhren zu unserer über airbnb gemieteten Ferienwohnung nach Arca da Calheta.
Die Sonne schien, der Tag neigte sich dem Ende zu, kurz noch was eingekauft und nach anfänglichen Schwierigkeiten - endlich unsere Ferienwohnung gefunden. Der Schlüssel steckte wie vorher
besprochen von innen, der erste Eindruck - es roch sehr muffig - der zweite - wir sind Skandinavien Fans. Der dritte nach ein paar Tagen Eingewöhnungszeit - eigentlich echt schön
hier.
Ich wollte dem Geruch Abhilfe verschaffen, indem ich die großen Vorhänge an den Fenstertüren beiseite schob und aus den Augenwinkel bemerkte ich währenddessen, dass
etwas schwarzes quer zu mir heruntergeflogen kam - Oh NEIN - bestimmt eine Spinne? Instinktiv drehte ich mich ruckartig nach hinten und schaute auf den Boden - nichts zu sehen, gleichzeit griff
ich mir auf den Kopf, nichts zu spüren! Das gibts doch nicht - da ist ganz sicher etwas vom Vorhang nach unten gefallen. Langsam drehte ich mich um und ging zu Thomas und fragte - hängt da
irgendetwas auf meinem Rücken? Bevor ich den Satz zu Ende sprechen konnte, spürte ich seine Hand auf meinem Rücken, ich schaute zu Boden & sah das Corpus Delikti ruck zuck unter der
Waschmaschine verschwinden- unsere erste Eidechse. Willkommen auf Madeira!
An unserem zweiten Tag auf Madeira ließen wir es ruhig angehen, nach unserem Frühstück sind wir entlang der Küste in den Nordwesten gefahren bis hin nach Porto Moniz im Nordosten und auf dem Rückweg über das Hochgebirge mit einem ersten Abstecher in Fanal. Aber der Reihe nach. Der erste Eindruck des äußersten Westens von Madeira - hier ticken die Uhren noch anders. Die Dörfer fast ausgestorben, teilweise geprägt durch die Landwirtschaft, wovon viele jedoch nicht mehr leben können. Unseren ersten Stop legten wir in Cabo (Sitio do Cabo) ein. Der Ort hat nicht einmal mehr 100 Einwohner, die Menschen halten ein, zwei Kühe & beackern kleine Felder. Viele Häuser sind verlassen.
Wir fuhren bis zum Parkplatz der kleinen Kapelle Nossa Senhora da Boa Morte ("Unsere Frau des schönen Todes"). Im portugiesischen Sprachraum gibt es viele Kirchen & Kapellen, die der Nossa Senhora da Boa Morte geweiht sind. Es war bereits Mittagszeit, die Sonne schien und es war wunderbar warm. Der Kapelle vorgelagert befindet sich einer der spektakulärsten und einsamsten Aussichtspunkte Madeiras. Auf einem schmalen Zementweg gelangt man zur Steilküste, die über 400 m senkrecht abfällt. Hier hielten wir uns längere Zeit auf - nicht zuletzt auch deswegen, weil es hier an den mit Steinen aufgesetzten Mauern vor Eidechsen nur so wimmelte. Natürlich liessen wir es nicht unversucht, die eine oder andere "Sonnenanbeterin" auch zu fotografieren.
Unsere Mittagspause legten wir eher zufällig an einem kleinen Imbiss an der Straße Richtung Porto Moniz ein, denn der aufsteigende Rauch und der Grillgeruch ließ unsere Mägen knurren. Wir ließen uns einen
Espetada, einen traditionellen Fleischspieß schmecken. Es war eine Köstlichkeit! Das auf einem Lorbeerzweig gegrillte Rindfleisch wird nur mit groben Salz und Knoblauch gewürzt - und über offenem
Holzfeuer gegrillt. Ein Muss für alle Nichtvegetarier! Nach dieser Pause fuhren wir weiter nach Porto Moniz, ein ehemaliger Fischer- und Weinbauort mit bizarren Lavaformationen und angelegten
Lavabecken. Nach einem kurzen Bummel durch das eher touristische Örtchen, fuhren wir über die Hochebene zurück und setzten einen Navigations-Punkt am Parkplatz "Fanal". Die Lorbeerbäume sollten
eines unserer morgigen Ziele sein - ein wunderbarer Sonnenuntergang begleitete unseren "Heimweg".
Um 5 Uhr klingelte der Wecker & nach Abschluss der morgendlichen Rituale starteten wir um 6 Uhr Richtung Funchal - unser erstes Ziel sollte Madeiras östlichste Landspitze werden. Die knapp 45 km legten wir in einer knappen Stunde zurück. Am Parkplatz angekommen, umhüllte uns absolute Dunkelheit, Wind rüttelte an unserem Mietwagen und weit & breit keine Menschenseele! Aber wir waren ja mit Taschenlampen & entsprechender Outdoorkleidung gut ausgestattet. Entgegen dem ausgeschilderten Wanderweg, schlugen wir direkt nach dem Hinweisschild einen anderen Trampelpfad zu einem Hochplateau ein - von dort aus sollte die Landzunge bei Sonnenaufgang in Ihrer ganzen Schönheit zu sehen sein. Etwas außer Puste gelangten wir zu unserem Aussichtspunkt - es war ein tolles Gefühl - dieser Ausblick, diese Einsamkeit - nur das Rauschen der Meeresbrandung & des Windes waren zu hören. Allerdings tat sich die Sonne schwer durch die vielen Wolken durch zu brechen - trotzdem tat dies der wunderschönen Stimmung keinen Abbruch!
Bis kurz nach zehn verweilten wir an dieser felsig-alpinen Landschaft auf Meereshöhe, dann stiegen wir ab und wanderten noch ein Stück die Landzunge entlang. Im Frühjahr verwandelt sich die karge Landschaft des Felsgarten in einen wunderbaren Blütenteppich. Zurück am Parkplatz, standen jetzt mehrere Busse, PKW und Fahrräder aneinandergereiht - wir waren froh, dass wir "Frühaufsteher" im Urlaub sind. Unsere Erkundungsatour führte uns weiter nach Faial. Dieser Bauernort ist von Terassenkulturen mit subtropischen Obst umgeben. Serpentinenartig schlängelten wir uns dann die Berge hoch, es war absolut nebelig und man sah kaum die Hand vor Augen. Plötzlich brach die Sonne durch und bei strahlendem Sonnenschein erreichten wir den Pico do Arieiro, dank des direkten Straßenanschlusses. Mit 1818 m ist er der dritthöchste Gipfel Madeiras.
Vom Gipfel aus schweift der Blick über das stark zerklüftete Zentralgebirge. Felstürme, Zacken und natürliche Steinmauern beherrschen das Bild. Steile unzugängliche
Täler ziehen sich bis zum Meer. In Blickrichtung Nordwesten erhebst sich der Pico das Torres, erkennbar an seinen turmartigen Gipfelstrukturen, der höchste Zacken ist mit 1851 m der zweithöchste
Berg der Insel. Dahinter versteckt sich der höchste Berg der Insel, der Pico Ruivo mit 1862 m. Man kann aber nur die Westflanke erkennen. Wir liesen es uns im Gipfelcafe bei Pizza und Salat
gutgehen und genossen die schöne Aussicht - ebenfalls am Gipfel befindet sich eine Radarstation der portugiesischen Luftwaffe. Wir machten uns anschließend auf den Heimweg, der uns über Sao
Vincente und über die Hochebene zurückführte.
Von unserer Unterkunft aus in Arco da Calheta hatten wir es nicht sehr weit um auf die Hochebene und den Gebirgs-kamm zu kommen. Allerdings ist diese Straße sehr steil, eng und mit zahlreichen, serpentinenartigen Kurven angelegt - PKW´s mit wenig Pferdestärken haben hier Ihre Mühe den Gebirkskamm zu "erklimmen". Unser erster Stopp war der Parkplatz an der ER105 im "Reich der Wasserfälle" Rabacal. Alleine vom Parkplatz aus hat man hier einen fan-tastischen Ausblick über das Tal der 25 Quellen. Von hier aus kann man eine der spektakulärsten Levada Wanderungen Madeiras starten. Wie lang das Levada-System ist, weiß niemand exakt. Zählt man nur die großen Levadas, dürften es 1400 bis 1500 km sein. Seit Beginn der Besiedlung ließen Großgrundbesitzer Kanäle ziehen, um Wasser auf die Zuckerrohrfelder zu leiten. Die ersten Levadas waren kurze Zuflüsse mit Holzverschalung. Der Bedarf an Wasser wuchs jedoch mit der zunehmenden Landwirtschaft und der Bevölkerungsdichte, und so wurde der Levada-Bau perfektioniert.
In den 1820er Jahren begannen Ingenieure mit den ersten Planungen der staatlichen Levada´s, Baubeginn war 1835. Ziel war es, das immer knapper werdende Wasser im Süden der Insel von der wasserreichen Nordseite nach Süden zu leiten. Nach 20 Jahren Bauzeit floss am 16. September 1855 zum ersten Mal in der Geschichte der Insel Wasser durch einen Tunnel von Nord nach Süd. Die erste Levada ist als Levada do Risco bekannt. Die kürzeste und einfachste Wanderung ist die Tour PR6.1. Sie führt entlang der Risco-Levada bis zu dem gleichnamigen Wasserfall. Rutschfeste Schuhe sind ein absolutes Muss.
Danach sind wir Richtung Fanal gefahren. Auf dem Weg zur alten Vulkanlandschaft wurde es immer nebeliger - und leichter Nieselregen setzte ein. Für das "Unternehmen" müstischer Lorbeerwald konnte das Wetter nicht besser sein. Das Gebiet rund um das Forsthaus Fanal umfasst alte Vulkanschlote, die sich als niedrige Gipfel zeigen, sowie einem kleinen Kratersee, der nach stärkerem Regen sich mit Wasser füllt. Im Bereich des Forsthauses wachsen die ältesten Lorbeerbäume der Insel. Auf Madeira bedeckt der Lorbeerwald ca. 15000 ha. Es ist das weltweit größte zusammen-hängende Lorbeerwaldgebiet. Die ältesten Bäume auf der Insel sind rund 800 Jahre alt. Durch das ausgeglichene Klima haben die Bäume kaum ausgebildete Jahresringe und eine dünne Borke. Typisch sind die epiphytische Gewächse wie Moose und Farne, die den Bäumen nicht schaden. Mich fesselten diese uralten Bäume - beim Anblick musste ich an Baumbart, dem Ent aus dem Fangorn-Wald denken...eine wahrhaft mystisches Fleckchen Erde.
Der heutige Tag stand im Zeichen des Nordöstlichen Hochgebirges - doch zuerst machten wir einen Abstecher nach Santana um die traditionellen madeirischen Strochdachhäuser anzuschauen. Die mit Weizenstroh gedeckten Häuser die "casas do colmo" stehen heute unter Denkmalschutz. Die Gegend um Santana wurde Mitte des 16 Jahrhunderts besiedelt - das Gemeindegebiet von Santana reicht vom Meer bis zum Pico Ruivo. Sämtliche Vegetationsstufen der Insel zählen dazu, aus diesem Grund erklärte die UNESCO das gesamte Gebiet 2011 zum Biosphärenreservat. Wir hatten Glück mit dem Wetter und konnten die bunten Häuser bei strahlendem Sonnenschein und hellblauen Himmel bestaunen - sie sind wirklich klein - unglaublich, dass hier eine ganze Familie Platz gefunden haben soll. Allerdings ist der Platz rund um das Gemeindezentrum sehr überlaufen mit einer Menge Touristen und es zog uns deshalb weiter an ruhigere Fleckchen.
Das Wetter wurde zunehmend schlechter, je weiter wir Richtung Ribeiro Frio und dem Aussichtspunkt Balcões fuhren - die Fahrt ist abwechslungsreich, Serpentinenartig schlängeln wir uns die Bergstraßen entlang, vorbei an einigen Bergdörfern, deren Häuser sich über einen Bergrücken verteilen, dessen Flanken sorgfältig terrassiert sind. Manche Bewohner schauen buchstäblich aus Ihrem Wohnzimmerfenster in den "Abgrund". In Ribeiro Frio angekommen, haben wir uns im dortigen Restaurant ein Mittagessen gegönnt - es liegt direkt an der dortigen staatlichen Forellenzuchtanlage. Natürlich gönnte sich Thomas ein traditionelles madeirisches Fischgericht "Espada" - schwarzer Degenfisch und ich mir eine gegrillte Forelle - Köstlich!
Gestärkt machten wir uns bei einsetzendem Nieselregen auf die kurze und leichte Wanderung zum berühmten Aussichtspunkt Balcões, durch die typische Grünlandschaft des Madeirensischen Urwaldes erreicht man die Plattform in ca. 20 min. - dort angekommen war unter uns leider dichter Nebel und man konnte nichts sehen. Bei schönem und klarem Wetter ist es unter anderem möglich, die Bergwelt Madeiras zu betrachten, besonders die beiden höchsten Gipfel der Insel: Pico Ruivo (1861m) und Pico do Areeiro (1817m). Der Pico do Gato, Pico das Torres und der bekannte Adlerfelsen „Penha d´Águia“ sind ebenfalls Bestandteil dieser atemberaubenden Aussicht. Wir hatten heute zumindest leider Pech.
Am sechsten Tag haben wir uns erneut in den Nordwesten aufgemacht um bei Sonnenuntergang ein paar schöne Fotos von Foz da Ribeira da Janela zu machen - leider war das Wetter nicht so prickelnd und ein richtiger Sonnenuntergang wurde uns auch nicht wirklich beschert. Doch der Ort hat uns sehr gefallen, zumal wir an diesem Abend die einzigsten hier waren und so konnten wir den Wellen, den Möwen und dem Wind lauschen und unsere Seele einfach mal baumeln lassen. Der Foz da Ribeira da Janela ist ein erkalteter Vulkanschlot, der als schmaler Zacken in den Himmel ragt. Er befindet sich an der Mündung des gleichnamigen Flusses. Er ist etwas schwer zu finden, vom Parkplatz aus gelangt man über Stufen zu einem Felsdurchbruch, hinter dem sich eine Aussichtsplattform gegenüber dem ehemaligen Schlot befindet. Wir haben uns aber am steinigen Ufer unterhalb der Plattform aufgehalten.
Tag sieben hieß es Abschied von unserer Unterkunft in Arco da Calheta zu nehmen und in den sonnenverwöhnten Südosten der Insel in die Haupstadt Funchal aufzubrechen,
unserer letzten Station dieser Reise. Funchal ist Inselmetropole und Großstadt mit altertümlichen Charme und gehört zu den größten Städten Portugals. Das krasse Gegenprogramm zur einsamen Natur
im Norden und Osten der Insel. Im historischen Teil um die Kathedrale und in der Alstadt hat sich die Stadt beschaulichen Charme bewahren können. Als Fußballfans übernachteten wir im CR7
Hotel direkt am Kreuzfahrtschiff-Terminal, wir schlenderten am Hafen entlang, schauten uns die nachgebaute "Santa Maria" von Kolumbus an, die gerade von Ihrer Ausflugsfahrt zurückkehrte und
genossen den letzten Abend mit einem herrlichen Sonnenuntergang auf Madeira.
"Wir sahen immer mehr Bäume, die Luft wurde immer kühler. Es schien als bestiegen wir einen großen Berg, so änderte sich unser Fühlen immerzu" Zitat Joao de Nóbrega - 1859 - über Rabacal